Wie geht es dem modernen Menschen, wenn die Preise an den Tankstellen immer nur klettern und seine Mobilität dahinschwindet? Mal so und so. Die Türken, welche ungeschlagene Weltmeister in der Benzinhochpreisklasse sind, stecken das weg. Bei den Nachbarn sieht das anders aus, wobei die Stimmungen zwischen Trotz (Zypern), Weltuntergang (Griechenland) oder Meuterei-Gelüsten (Bulgarien) schwanken.

Die Nachrichtenagentur Bloomberg wartete dieser Tage mit einer anschaulichen Slideshow zum Lebensparameter Spritpreis auf. 60 Staaten werden durchleuchtet, gemessen wird in Gallonen (1 US-amerikanische Gallone = 3,79 europäische Liter) und dem durchschnittlichen Tagesverdienst. Ergebnis: superbillig Venezuela, superteuer Türkei, super-arg Pakistan, wo man statistische 1,1 Tage für eine Gallone Benzin arbeiten muss, aber auch Bulgarien – dort kosten die 3,79 Liter mittlerweile ein Drittel des durchschnittlichen Tageseinkommens. Öffentliche Proteste gegen die hohen Spritpreise lassen sich in Sofia jedes Jahr leicht organisieren und schrecken die Regierung, wirken sich am Ende aber nie wirklich auf die Zahlen an den Zapfsäulen aus. Bei den seit Wochen aufflackernden Protesten gegen die Strompreise könnte das anders sein: Eine staatliche Regulierungsbehörde kann hier die Preise mitgestalten. Sie gilt als durchaus empfänglich für die Wünsche der Politik.

An türkischen Tankstellen liegt der Preis für einen Liter Normalbenzin seit der letzten Preiserhöhung um zehn Kuruş (4 €-Cent) regional unterschiedlich bei 4,82 Lira (2,04 €) und 5,01 Lira (2,12 €). Dafür bekommt man in der Türkei derzeit zweieinhalb Kilo Orangen, einen Teller Reis mit Huhn und Bohnen oder neun Tageszeitungen. Das ist so, weil die Eintreibung von Einkommens- oder Körperschaftssteuern nicht ganz klappt und der Staat sich seine Einnahmen einfacher durch hohe indirekte Steuern auf Zigaretten, Alkohol, Mobiltelefone und Benzin holt. Sozial unfair, aber von der Bevölkerung weiterhin akzeptiert. Denn jeder muss einfach ein Auto haben, Zugfahren ist out, Fliegen billig und überland fahren pausenlos Busse, was sich immer noch rechnet.

Auf Zypern, wo die fahrende Bevölkerung die beschränkte Geographie oft durch großen Hubraum auszugleichen trachtet, steigt der Benzinpreis krisenbedingt nun fast jeden Monat, und wenn es nicht Finanzkrise und sind, dann ist eben der Iran für den Preisanstieg verantwortlich, der schon ins Alter gekommene „Arabische Frühling“ oder eine sonstige Unpässlichkeit, die Marktteilnehmer zu fühlen glauben. Im Jänner hat die Mehrwertsteuererhöhung zur Sanierung der Staatsfinanzen den Sprit teurer gemacht, im Februar war es eine dreiprozentige Erhöhung mal so, auf 1,43 bis 1,45 € pro Liter. Keine Ausnahme für die EU, aber doch ein Problem, wenn die Jobs wackeln und Gehälter gekürzt werden, in der Garage aber zusammen genommen einige hundert PS stehen, die bewegt sein wollen.

Auf Zypern sind im vergangenen Jahr ein Viertel weniger neue Autos zugelassen worden, in Griechenland – der Mutter aller Finanzkrisen – waren es noch einmal 40 Prozent weniger als 2011. Die 130 € Straßensteuer für dieses Jahr und die Benzinkosten haben sich viele gespart, indem sie ihr Auto zum Ende 2012 abgemeldet haben und beim Finanzamt die Kennzeichenschilder abgaben. Normalbenzin in Griechenland kostet mittlerweile um 1,74 €. Für die Bevölkerung auf dem Land ist das ein ziemliches Problem, in Athen sind die großen Boulevards dafür nun deutlicher leerer und weniger laut – wenn nicht gerade wieder die öffentlichen Transporte streiken... (Markus Bernath, derStandard.at, 17.2.2013)